Buchhaltung mit Get My Invoices automatisieren: Meine Erfahrungen nach einem Jahr

Ich habe über ein Jahr lang versucht mit Get My Invoices meine Buchhaltung zu automatisieren. Der Dienst ruft automatisch Belege aus vielen Online Portalen ab und extrahiert dank Texterkennung die wichtigsten Informationen aus den Belegen. Was gut klappt und wo es bei Get My Invoices hakt, verrate ich euch hier.

Info

Ich habe Get My Invoices über ein Jahr ganz regulär bezahlt und erhalte für diesen Beitrag weder Geld oder andere Vorteile von Get My Invoices noch von einer anderen Seite. Ich möchte einfach nur meine Erfahrung mit Euch teilen!

Die Software as a Service Get My Invoices wurde mir auf einem WordPress Meetup in Düsseldorf empfohlen und es klang perfekt: Rechnungen und andere Dokumente werden aus tausenden Quellen automatisch abgerufen und per Texterkennung (OCR) ausgelesen und kategorisiert.

Die Hoffnung war, Get My Invoices nimmt mir das nervige Abrufen der Rechnungen aus diversen Affiliate Netzwerken und auch weiteren Anbietern ab. Mehr zu meiner Situation habe ich hier aufgeschrieben: Meine Situation

Get My Invoices hat nach eigenen Angaben über 10.000 Online-Portale angebunden. Leider fehlen aber vor allem kleine Netzwerke, mit denen ich zusammenarbeite. Von vielen Online-Portale erhalte ich zudem die Rechnungen per Email zugeschickt.

Hier bietet Get My Invoice aber eine Funktion, die ich sehr zu schätzen gelernt habe: Eine zentrales Rechnung-Postfach z.B. unter mein_unternehmen@getmyinvoices.net. Leitet man selber eine Email dorthin weiter oder hinterlegt die Email-Adresse als Rechnungs-Adresse, landen die Belege direkt in Get My Invoice.

getmyinvoices belege
Die wichtigsten Daten werden automatisch aus den Belegen extrahiert (hier klappt es gut)

Die ersten Monate war ich trotz Probleme recht angetan von Get My Invoices, aber nach über einem Jahr bin ich doch ziemlich genervt. Das hat eine ganze Reihe an Gründen:

  1. Nicht lernend: Auch wenn man die per OCR ausgelesenen Rechnungsdaten jedes Mal korrigiert, lernt die Software einfach nicht dazu. Obwohl damit geworben wird: Sie basiert auf maschinellem Lernen und das Ergebnis wird somit Tag für Tag weiter optimiert.
    Es ist einfach super nervig jedes Mal die gleichen Fehler zu korrigieren.
  2. Benutzeroberfläche ist lahm. Ein Beleg öffnen dauert gerne mal 3-10 Sekunden. Vor allem bei neu hinzugefügten Dokumente, wo vermutlich gerade die Texterkennung läuft, gibt es keine Fehlermeldung. Stattdessen kann man unbegrenzt dem Loading Spinner zuschauen. Es passiert einfach nicht und man kann den Ladevorgang nicht abbrechen. Nur die Seite neu laden hilft.
  3. Nicht benutzerfreundlich: Ich empfinde die Benutzeroberfläche einfach als nicht benutzerfreundlich. Nur ein Beispiel: Wenn man ein Beleg gerade bearbeitet gibt es keine Möglichkeit zum nächsten Beleg zu gehen. Man muss jedes Mal auf SPEICHERN klicken, sich merken an welchem Beleg man gerade gearbeitet hat und dann beim nächsten auf Bearbeiten klicken. Außerdem hat sich in dem Jahr meiner Nutzung überhaupt nichts an der Benutzeroberfläche geändert.
  4. Man fühlt sich nicht produktiv: Die drei ersten Punkte führen einfach zu einem Gefühl der Unproduktivität bei mir. Ich drehe mehr Däumchen beim Warten darauf, dass ein Dokument geladen wird, als das ich wirklich arbeite und vorankomme. Wenn du UI benutzerorientiert umgesetzt wäre und die Ladezeiten deutlich kürzer wären, müsste ich gefühlt nur die Hälfte meiner Zeit für die Buchhaltung aufbringen.
  5. Ich habe nur wenige Online-Portale angebunden: Von der Idee Belege automatisch aus den Online-Portalen zu importieren, war ich anfangs begeistert. Schlussendlich habe ich aber nur 8 Portale hinterlegt. Viele, vor allem kleine Affiliate Netzwerke, werden nicht unterstützt. Dafür habe ich aber den Rechnungs-Posteingang lieben gelernt. Die meisten Dokumente landen über diesen Weg in Get My Invoices.
    Außerdem habe ich nur Affiliate Netzwerke hinterlegt, bei den ich einen extra Nutzer für den Rechnungsabruf anlegen konnte, da Get My Invoices die Zugangsdaten im Klartext speichert. Datenleaks sind ja leider im Internet keine Seltenheit und wer an meine Hauptzugangsdaten kommt, könnte Auszahlung sehr einfach umleiten.
  6. Preis: Ich finde Get My Invoices nicht unbedingt günstig. Das Abrufen aus bis zu 10 Online Portalen kostet schon mich bereits 19€ netto pro Monat. Lohnt sich sicherlich, wenn man bei einem Portal mehrere Belege pro Monat abholt aber bei mir sind es meistens nur einer pro Monat. Gleichzeitig gibt es dann eine Beschränkung auf 150 Dokumente pro Monat. Dafür fehlen Get My Invoice vor allem eine Funktion mit Vergleich zu anderen Online-Buchaltungstools:
  7. Kein Kontoabruf: Ideal wäre es, wenn ich jedem Posten auf meinem Girokonto ein Beleg zuweisen könnte. Das kann Get My Invoices leider nicht und ist neben der nicht überzeugenden Benutzerfreundlichkeit der größte Knackpunkt für mich.
  8. Export vergisst Dokumente: Ich exportiere monatlich alle Dokumente und lege sie in einem eigenen Ordner kategorisiert nach Eingangs- und Ausgangsrechnungen ab. Gleichzeitig bietet Get My Invoices an die Dokumente nach dem Export zu archivieren. Perfekt. Wäre da nicht ein Bug, der dazu führt, dass einzelne Belege einfach nicht im Export auftauchen aber archiviert werden. Welche Dokumente nicht richtig exportiert worden sind aber archiviert worden sind, ist dann sehr umständlich herauszufinden (leider speichert Get My Invoices auch nicht den Archivierungszeitpunkt…). Diesen Bug habe ich gemeldet und der Support hat ihn auch untersucht und es passiert nicht jeden Monat aber es ist mir erst letzten Monat wieder passiert.

Fazit

Auch wenn das viele negative Punkte sind, ist Get My Invoices eine gute und hilfreiche Software. Vor allem die Rechungs-Email-Adresse habe ich lieben gelernt. Trotzdem sind das zu viele Schwachstellen, deswegen ist es Zeit eine neue Lösung zu suchen!

Ich habe gemerkt, dass ich die Hauptfunktion, das Importieren von Belegen aus Online-Portalen, einfach nicht genug nutze und eine wichtige Funktion, das Abgleichen mit Buchungen auf meinem Girokonto & Kreditkarten, in der Software einfach fehlt.

Deswegen habe ich mir in den letzten Tagen die Online-Buchhaltungslösungen sevDesk, Lexoffice und Fastbill angeschaut und werde dazu meine Erfahrungen mit Euch in dieser Serie teilen:

  1. Mein Weg zur automatisierten Buchhaltung
  2. Get My Invoices: Meine Erfahrungen nach über einem Jahr
  3. sevDesk: Meine persönlicher (erster) Eindruck
  4. Fastbill: Mein persönlicher (erster) Eindruck
  5. Lexoffice: Mein persönlicher (erster) Eindruck
  6. Meine Entscheidung

Belege abrufen können diese Tools nicht aber dafür habe ich angefangen meine eigenes kleine Node.js-Script mit Puppeteer zu schreiben. Mehr dazu später.

5 Reaktionen zu “Buchhaltung mit Get My Invoices automatisieren: Meine Erfahrungen nach einem Jahr

  1. Andy sagt:

    Vielen Dank für den Artikel,

    leider hatte ich die gleichen Erfahrungen und die Zeitersparnis war dahin. Bin aber immer noch auf der Suche nach einer zeitsparenden Lösung.

  2. Marco sagt:

    Hallo,

    die Anbingung an Bankkonten und die Zuordnung zu Belegen ist inzwischen möglich und erleichtert mir die Arbeit sehr. Allerdings hab ich immer noch Schwierigkeiten American Express Business Konten anzubinden. Ich werde mir aber sicher mal sevDesk anschauen. Vielen Dank für deinen Erfahrungsbericht

  3. Michael sagt:

    Die von dir genannten Probleme bestehen leider weiterhin.

    1. Johannes sagt:

      Sehr schade! Bin mit sevDesk mittlerweile ziemlich glücklich. Auch wenn der automatische Abruf fehlt.

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